Welche Auswirkungen hat die Coronakrise auf die Aktienmärkte?

Seit dem Beginn der Coronakrise haben die Aktienmärkte eine ziemliche Talfahrt hingelegt. So ist der DAX zum Beispiel von seinem Fünfjahreshoch von 17.744 Punkten am 14. Februar 2020 innerhalb rund eines Monats auf 8.442 Punkte (18. März) abgestürzt. Seitdem hat er sich immerhin wieder etwas erholt und steht derzeit bei fast 10.300 Punkten. Der Aktienindex MSCI World, um ein weiteres Beispiel zu nennen, welcher über 1500 Aktienkurse aus 23 Industriestaaten darstellt, ist von seinem Hoch im Februar bis Ende März ebenfalls um ungefähr 30 Prozent gefallen.

Mittlerweile sind die Auswirkungen des Virus auf unsere Wirtschaft überall sichtbar. Außer wenigen Geschäftsleuten oder gestrandeten Touristen reist niemand mehr, was sämtlichen Verkehrsunternehmen schadet. Großveranstaltungen sind abgesagt worden. Herbergsbetriebe müssen geschlossen bleiben. Die Industrie stellt ihre Produktion ein, weil Personal oder Material aufgrund der globalen Abhängigkeiten fehlt. Gleichzeitig ist die Nachfrage nach bestehenden Produkten weltweit eingebrochen.

Börsen brechen weltweit ein

Folglich liegen die Ursachen des Einbruches der Aktienmärkte nicht ausschließlich bei der Verunsicherung der Bevölkerung durch den Virus, sondern auch an messbaren Einbußen der Unternehmen weltweit. Egal ob in Italien, Spanien, Frankreich usw., in jedem Land gibt es riesige Verluste an den jeweiligen Börse. Lediglich der Markt der Schweizer wirkt noch relativ stabil. Und auch die Verluste der chinesischen Börse halten sich bislang noch in Grenzen. Am Schlimmsten getroffen hat es Brasilien, wo der Markt um ungefähr 50 Prozent eingebrochen ist. Dennoch sind die Schwellenländer im Moment ein wenig besser dran als die Industrieländer, denn der MSCI Emerging Markets liegt momentan bei 24 Prozent im Minus, (Marktindex für Schwellenländer), der MSCI World hingegen schon bei 27 Prozent.

Die aktuelle Lage in der Finanzwelt lässt sich zwar als extrem charakterisieren, ist aber dennoch nicht einzigartig oder einmalig. Der Markt stürzte in seiner Geschichte bereits mehrere Male innerhalb kurzer Zeit ab. So sank der amerikanische Index Dow Jones Industrial im Oktober des Jahres 1987 an einem einzigen Tag um ganze 20 Prozent. Die Weltwirtschaftskrise 2008 führte zu einem Absturz des MSCI World für Euro-Anleger um 48 Prozent. Der große Absturz der letzten Wochen folgte aber einer sehr guten Zeit für den Markt. Solche Abstürze sind also normal in der Welt der Finanzen und sollten dementsprechend professionell behandelt werden.

Welche Anla­geklassen sind vor allem betroffen?

Auch das angeblich so stabile Gold sackte kurzzeitig um rund 20 Prozent ab aufgrund des Wunsches der Anleger nach Liquidation. Viele wollten ihr Geld in solchen Krisenzeiten lieber liquide haben und verkauften daher ihre Anlagen. Wenn der Markt plötzlich so überschwemmt wird, sinkt der Preis von Gold natürlich. Mittlerweile hat er sich aber wieder gefangen.

Betroffen sind nicht nur Edelmetalle wie Gold oder Silber, sondern auch Kupfer als Basismetall. Die Rohstoffpreise stürzten, ähnlich der Finanzkrise 2008, extrem ab. So musste der Dow Jones Commodity Index in einer Zeitspanne von zwei Wochen über 40 Prozent an Wert einbüßen. Noch schlimmer ist der Verfall der Preise im Energiesektor. Der Rückgang der Rohölpreise führte zu einem Verlust des MSCI AC World Energy Index von über 50 Prozent. Da der Rohstoff Rohöl Auswirkungen auf zahlreiche Fonds hat, wirkt sich dieser Verfall auf viele Märkte aus, weshalb Investoren keine großen Anteile ihres Geldes in Rohstoffe anlegen sollten.

Staatsanleihen als Stabilitäts­anker?

Auch bei den Staatsanleihen steigt das Risiko im Verlauf der globalen Krise, weil die Ausgaben der Regierungen mit der Zeit immer mehr und schneller wachsen. Darunter fallen extrem hohe Kosten im Gesundheitswesen sowie Unterstützungszahlungen für die jeweilige nationale Wirtschaft. Besonders Italien sieht sich hier vor scheinbar unüberwindbaren Problemen, aber natürlich sind auch Deutschland und andere europäische Staaten betroffen. Nachdem die Europäische Zentralbank (EZB) in Frankfurt am 18. März ein Notkaufprogramm von Anleihen in einer Höhe von 750 Milliarden Euro angekündigt hatten, stiegen die Kurse immerhin wieder. Trotzdem liegen auch diese immer noch im Vergleich mit der Vor-Coronazeit im Minus.

Nach­haltige Aktien?

Im Vergleich zum konventionellen MSCI World schneidet der nachhaltige MSCI Word SRI besser ab. So verlor er ungefähr zwei Prozent weniger als der MSCI World. Der MSCI World SRI ist sogar weniger riskant als der normale MSCI World Index, obwohl letzterer mehr Aktien enthält. Selbst die Schwankungsbreiten sind minimal geringer als beim allgemeinen Index. Während im herkömm­lichen Index 1.600 Aktien vorhanden sind, findet man im Nach­haltig­keits­index ungefähr 400.

Im nachhaltigen Index sind keine kontrovers agierenden Unternehmen enthalten, die zum Beipiel mit fossilen Brennstoffen ihr Geld verdienen, Waffen herstellen oder Kinder beschäftigen.

Wie steht es mit Immobilienfonds?

Selbst die Kurse der Immobiliengesellschaften stehen derzeit unter Druck. Offene Fonds für Immobilien könnten hier sinnvoll sein. Denn beispielsweise werden in Großbritannien bereits Anteile von einigen Immobilienfonds nicht mehr zurückgenommen, weil derzeit die Gutachter aufgrund der Krise die Immobilien nicht bewerten können.

In Deutschland sei so etwas jedoch laut den Anbietern nicht zu befürchten. „Bei uns kommt eine andere Bewertungs­praxis zur Anwendung“, sagt Esteban de Lope von Deka Immobilien. Die Immobilien werden hier nach dem sogenannten Ertragswertverfahren begutachtet und bewertet. Dafür zieht man die auf lange Sicht erzielbaren Mieten zur Berechnung heran, wodurch Schwankungen in den Preisen und somit auch auf dem Markt eingeschränkt werden können. Deshalb sei eine längerfristige Ertragskraft der Immobilien keine Frage, sondern Fakt.

Mario Schüttauf, Manager des Fonds Haus­invest, sieht die lang­fristige Ertrags­kraft aufgrund der Krise ebenfalls nicht gefährdet: „Diese Krise ist ein temporäres Ereignis, keine Dauer­krise.“ Die Fondsimmobilien werden vierteljährlich einer neuen Bewertung unterzogen. „Begehungen der Objekte können derzeit zwar aufgrund Reise­restriktionen und anderen behördlichen Auflagen nicht normal vorgenommen werden“, sagt Markus Temme von Union Investment, eine Bewertung ist aber trotzdem möglich.

Außerdem gibt es einen weiteren Unterschied zwischen deutschen und britischen Immobilienmärkten. In Großbritannien kam es schon zum Ende des Jahres 2019 zu einigen mittelstarken Abstürze. Haltefristen für die deutschen Anleger sorgen so für das Wohl der Werte. Deshalb sei eine Krise wie nach der Pleite der amerikanischen Bank Lehman Brothers bei uns sehr unwahrscheinlich. Investoren, die seit dem Jahr 2013 offene Immobilienfonds nutzen, müssen ihr Investment mindestens ein Jahr lang besitzen. Zudem gilt es, eine einjährige Kündigungsfrist zu beachten. Falls jemand schnell verkaufen will, so muss er das über den Börsenmarkt tun. Dort muss jedoch mit Abschlägen gerechnet werden.